• 3. April 2018

Ein besseres Miteinander

Ein besseres Miteinander

Ein besseres Miteinander 1024 696 Pablo Thiam

Pablo Thi­am, Lei­ter U23 der VfL-Fußball.Akademie, fun­giert seit Febru­ar offi­zi­ell auch als Inte­gra­ti­ons­be­auf­trag­ter des VfL Wolfs­burg. Mit die­ser Ernen­nung nimmt der VfL eine Vor­rei­ter­rol­le in der Fuß­ball-Bun­des­li­ga ein. In sei­ner neu­en zusätzlichen Funk­ti­on wird Thi­am Bot­schaf­ter für das The­ma Inte­gra­ti­on sein, als Haupt­an­sprech­part­ner inner­halb des sport­li­chen Bereichs fun­gie­ren und zudem die Arbeit der Fach­ab­tei­lung Cor­po­ra­te Social Respon­si­bi­li­ty (CSR) inhalt­lich unterstützen. Wir haben uns mit Pablo Thi­am zu sei­nem neu­en Auf­ga­ben­ge­biet unter­hal­ten. Im Bild oben Pablo Thi­am (rechts) mit Mar­cel Reif (Mit­glied des Kura­to­ri­ums DFL-Stif­tung, links) und DFL-Geschäftsführer Chris­ti­an Sei­fert (Mit­te) beim „Ber­li­ner Abend“ der DFL Stiftung.

Pablo Thi­am, das The­ma Inte­gra­ti­on ist heu­te aktu­el­ler denn je. Was reizt Sie, sich die­ser Auf­ga­be zu stellen?

Pablo Thi­am: Auf­grund mei­ner Her­kunft, Reli­gi­on und Vita – sowohl im pri­va­ten wie auch sport­li­chen Bereich – wur­de ich mit vie­len Din­gen kon­fron­tiert. Ich lebe 40 Jah­re in Deutsch­land, habe hier eine Kar­rie­re als Pro­fi­fuß­bal­ler gestar­tet habe und arbei­te jetzt im Klub. Die gesam­te Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re, auch etwa im poli­ti­schen Bereich, hat dazu geführt, dass in mir der Wunsch ent­stand, ein Stück weit etwas zurückzugeben. Daher ist das The­ma Inte­gra­ti­on für mich sehr wich­tig. Jetzt möchte ich die Platt­form VfL und Fuß­ball nut­zen, um das The­ma noch stärker in den Fokus zu rücken.

Können Sie Ihr Auf­ga­ben­feld kurz umreißen?

Thi­am: Mei­ne Auf­ga­ben sind viel­schich­tig. Zunächst ein­mal bin ich zuständig für die Belan­ge von Spie­lern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund und deren Beglei­tung während der Inte­gra­ti­ons­pha­se. Ich wer­de für alle Berei­che Ansprech­part­ner für Inte­gra­ti­ons­the­men sein. Ich bil­de qua­si die Brückenfunktion zwi­schen Spie­lern und Mit­ar­bei­tern des Klubs und möchte die Bewusst­seins­bil­dung auf bei­den Sei­ten vor­an­trei­ben. Wenn ein­mal Pro­ble­me auf­tre­ten, möchte ich ver­mit­teln und auch das Verständnis für die deut­sche Kul­tur erzeu­gen. Zudem wer­de ich den VfL Wolfs­burg als Bot­schaf­ter repräsentieren, schließ­lich lässt sich mit Fuß­ball sehr viel transportieren.

Wie wol­len Sie die Bot­schaf­ter-Auf­ga­be kon­kret ausfüllen?

Thi­am: Ich ste­he als Ver­tre­ter des Klubs für das The­ma Inte­gra­ti­on. Das fällt mir natürlich als authen­ti­sche Per­son mit all mei­nen Erfah­run­gen leich­ter. Die­se, ob posi­tiv oder nega­tiv, ver­su­che ich wei­ter­zu­ge­ben. Haupt­ziel ist es, am Ende des Tages ein bes­se­res Mit­ein­an­der zu gestalten.

Der VfL Wolfs­burg hat mit der Schaf­fung der neu­en Funk­ti­on eine Vor­rei­ter­rol­le inner­halb der Bun­des­li­ga inne. Könnte Ihre Arbeit Syn­er­gien hervorrufen?

Thi­am: Das hof­fen wir natürlich sehr stark. Der DFB hat ja bereits mit Ex-Natio­nal­spie­ler Cacau einen Inte­gra­ti­ons­be­auf­trag­ten instal­liert. Es wäre sicher­lich schön, wenn jeder Pro­fi­ver­ein in Deutsch­land sich ähnlich enga­gie­ren würde und Leu­te mobi­li­siert, die sich dem The­ma Inte­gra­ti­on ver­schrei­ben, sodass wir noch mehr Men­schen errei­chen können. Der DFB ist immer­hin der größte Sport­fach­ver­band der Welt – das müssen wir nut­zen, um Leu­te aus den ver­schie­de­nen Alters­stu­fen zu errei­chen. Dass der Fuß­ball inte­gra­ti­ve Kraft und Macht besitzt, wis­sen wir. Daher wäre es sehr von Vor­teil, wenn sich alle Pro­fi­klubs im Lan­de der Sache nach­hal­tig ver­schrei­ben und mit­ma­chen würden.

Das The­ma Inte­gra­ti­on ist bereits seit vie­len Jah­ren ein wich­ti­ger Teil inner­halb der VfL-Initia­ti­ve „Gemein­sam bewe­gen“. Gibt Ihre neue Auf­ga­be dem noch ein­mal einen zusätzlichen Schub?

Thi­am: Natürlich, weil das Gan­ze jetzt auch ein Gesicht bekommt – aus dem Fuß­ball kom­mend und mit eige­nen Erfah­run­gen. Wir haben es auf vie­len Ver­an­stal­tun­gen bereits erlebt, wie wich­tig es ist, das persönliche Gespräch gera­de mit Kin­dern und Jugend­li­chen zu suchen. Das hat eine ganz ande­re Wir­kung, als wenn man etwas nur theo­re­tisch vor­stellt. Ein leben­di­ges Bei­spiel aus unse­rem Klub ist der „Lern­ort Sta­di­on“ in der VfL-FußballWelt.

Gibt es schon wei­te­re Pro­jek­te, die kon­kret geplant sind?

Thi­am: Eine gan­ze Men­ge. Im „Will­kom­men im Fußball“-Bündnis trei­ben wir z.B. seit 2016 gemein­sam mit der Stadt Wolfs­burg und dem SSV Vors­fel­de Inte­gra­ti­ons­pro­jek­te vor­an. Neu ist in die­sem Jahr das Pro­jekt „Play and use your chan­ce“, über das wir Neu­zu­ge­wan­der­ten regelmäßig geziel­tes Sprach-, Kom­pe­tenz- & Bewer­bungs­trai­ning anbie­ten und so bei der Inte­gra­ti­on in den Arbeits­markt unterstützen. Aber auch bewährte Ver­an­stal­tun­gen wie das Ver­net­zungs­tref­fen von Wolfs­bur­ger Sport­ver­ei­nen zur Inte­gra­ti­on im Sport oder das Wolfs­bur­ger Inte­gra­ti­ons­tur­nier sind wich­ti­ge Pro­jek­te, um z.B. Vor­ur­tei­le abzubauen.

Haben Sie bereits persönlich eige­ne Erfah­run­gen mit dem The­ma „Vor­ur­tei­le“ gemacht und wie kann man da entgegensteuern?

Thi­am: Die eige­nen nega­ti­ven Erfah­run­gen muss man ver­su­chen abzu­le­gen. Ich ver­su­che immer zu ver­mit­teln, dass es wich­tig ist, die Kom­mu­ni­ka­ti­on zu suchen, wenn man nach Deutsch­land kommt. Das A und O ist die Spra­che. Erst dadurch bin ich in der Lage, den Dia­log zu suchen oder mich zu weh­ren. Daher ist es mein Rat an alle, die kom­men: Lernt so schnell wie möglich die deut­sche Spra­che und taucht auch in die hie­si­ge Kul­tur ein! Und: Geht auf die Leu­te zu, denn vie­les pas­siert aus Unwis­sen­heit und Angst. Kom­mu­ni­ka­ti­on reißt Bar­rie­ren herunter.

Wel­che Kraft hat Fuß­ball, wenn es um die rich­ti­ge Inte­gra­ti­on geht?

Thi­am: Das Gute im Fuß­ball ist, dass man Inte­gra­ti­on unbe­wusst lebt. Wenn gespielt wer­den soll, braucht man zwei Mann­schaf­ten und man hat kla­re Regeln, nach denen man antritt. Wenn alle das Spiel genie­ßen wol­len, muss man sich an gewis­se Regeln hal­ten. Da ist die Her­kunft völlig egal. Jeder hat eine Auf­ga­be und die muss er im Sin­ne sei­nes Teams erfüllen. Das ist in der Bun­des­li­ga so, aber auch in der Kreis­klas­se. Die­ses Bei­spiel ver­su­chen wir an die Gesell- schaft wei­ter­zu­ge­ben: Wir haben nur dann eine funk­tio­nie­ren­de Gemein­schaft, wenn alle in einem gesteck­ten Rah­men gewis­se Grund­re­geln befolgen.