• 25. März 2014

<span class="dquo">„</span>Die Nervenstärke entscheidet“

Die Nervenstärke entscheidet“

Die Nervenstärke entscheidet“ 950 436 Pablo Thiam

Zwei Wolfsburger über die Faszination Pokal-Halbfinale

 

Sechs­mal stand der VfL Wolfs­burg im Halb­fi­na­le des DFB-Pokals, ein­mal erfüll­te sich der End­spiel-Traum des Ver­eins– vor 19 Jah­ren, als der dama­li­ge Fuß­ball-Zweit­li­gist durch einen sen­sa­tio­nel­len 1:0-Sieg beim klas­sen­hö­he­ren 1.FC Köln nach­Ber­lin fah­ren durf­te. Zwei Män­ner, die imA­pril 1995 in Köln auf dem Platz stan­den, arbei­ten aktu­ell für den VfL:  Hol­ger Ball­wanz­hielt das Mit­tel­feld der Wolfs­bur­ger zusam­men und ist heu­te Fan­be­auf­trag­ter. Und beim FC ver­tei­dig­te Pablo Thi­am, heu­te sport­li­cher Lei­ter der Regio­nal­li­ga-Elf des VfL. „auto­gramm“ traf bei­de vor
dem DFB-Pokal-Halb­fi­na­le des VfL amDiens­tag, 15. April, 20.30 Uhr bei Borus­sia Dort­mund und hat ver­sucht zu ergrün­den, wie man in ein Halb­fi­na­le geht.

 

Las­sen Sie uns über den 11. April 1995 spre­chen, mei­ne Herren.
Ball­wanz: Sehr gerne!
Thi­am (lacht): Muss das sein?

 

Erin­nern Sie sich nach 19 Jah­ren noch an Details des Halbfinales?
Ball­wanz: Klar! Das gol­de­ne 1:0 von Sig­gi Reich wer­de ich nie ver­ges­sen. Es muss nach gut 20 Minu­ten gewe­sen sein: Flan­ke Frit­ze Meiß­ner von der rech­ten Sei­te und Sig­gi haut ihn rein…
Thi­am: …weil ich einen Schritt zu spät war, konn­te Frit­ze flan­ken. Da muss man gar nicht drum­her­um reden. Und in der Mit­te hat­te Kars­ten Bau­mann nicht aufgepasst.

 

Trotz der Nie­der­la­ge scheint auch Ihnen das Spiel nach knapp zwei Jahr­zehn­ten noch sehr prä­sent zu sein, Herr Thiam.
Thi­am: Ich bin nie­mand, der zu allen Par­tien etwas erzäh­len kann. Zu die­ser kann ich es. Viel­leicht weil die Ent­täu­schung nach der über­ra­schen­den Nie­der­la­ge so
groß war, viel­leicht weil es eines mei­ner ers­ten gro­ßen Spie­le war, denn die Sai­son 1994/95 war die ers­te für mich im Profi-Geschäft.

 

Wie waren die Vorzeichen?
Thi­am: Wir waren Favo­rit und stan­den eigent­lich schon im Fina­le. Wir hat­ten eine Rie­sen­trup­pe, im Sturm zum Bei­spiel spiel­ten Bru­no Lab­ba­dia und Toni Polster.
Hin­ter­her haben sich alle ent­geis­tert gefragt: War­um haben wir ver­lo­ren? Die Ant­wort ist klar: Den größ­ten Feh­ler hat­ten wir schon im Vor­feld began­gen, weil wir den
VfL nicht ernst genug genom­men haben.

 

Wie ist es, ein so wich­ti­ges Spiel zu gewin­nen, Herr Ballwanz?
Ball­wanz: Groß­ar­tig! In Köln waren bestimmt 3000 Fans und damit aus­wärts so vie­le wie noch nie. Ver­ges­sen Sie nicht: Damals war der VfL ein Zweit­li­gist. Pablo,
wir hat­ten übri­gens mit­be­kom­men, dass in Köln schon Vou­ch­er für das Fina­le ver­kauft wur­den. Das hat uns zusätz­lich motiviert.

 

Wie ist es, eine so wich­ti­ge Par­tie zu ver­lie­ren, Herr Thiam?
Thi­am: Grau­sam! Bei mir hat es eini­ge Tage gedau­ert, bis ich rea­li­siert hat­te, welch gro­ße Chan­ce wir ver­spielt haben. Ich bin heu­te noch trau­rig, in mei­ner Kar­rie­re nie
im Pokal­fi­na­le gestan­den zu haben.

 

Ber­lin, Ber­lin, alle wol­len nach Ber­lin. Herr Ball­wanz, ist das Fina­le dort wirk­lich etwas so Besonderes?
Ball­wanz: Im Fina­le war ich lei­der ver­letzt, aber selbst­ver­ständ­lich im Sta­di­on. Auch wenn du nur am Spiel­feld­rand stehst, bekommst du Gän­se­haut. Die Pokal-Stimmung
in Ber­lin ist ein­fach großartig.
Thi­am: Seit ich als Pro­fi auf­ge­hört habe, war ich bei jedem Pokal­fi­na­le, egal, wer es erreicht hat. Auch als Zuschau­er hast du Gän­se­haut. Die Stim­mung lässt sich vergleichen
mit der bei einem wich­ti­gen Län­der­spiel der deut­schen Nationalelf.

 

Der VfL spielt bald in Dort­mund erneut um den Final-Ein­zug. Wor­auf kommt es an in so einem Alles-oder-nichts-Spiel?
Ball­wanz: Der Heim­ver­ein ist nicht immer Favo­rit, denn er steht unter Druck, gewin­nen zu müs­sen. Des­halb kommt es sehr auf die Ner­ven­stär­ke an.
Thi­am: Wir haben mit dem 1.FC Köln vor 19 Jah­ren alles falsch gemacht, weil wir gedank­lich nicht auf das Spiel ein­ge­stellt waren. Im Pokal kannst du nun ein­mal nicht
am nächs­ten Spiel­tag alles wie­der­gut­ma­chen. Die­ses Wis­sen kann Kräf­te frei­set­zen, es kann aber auch läh­men. Men­ta­le Stär­ke ist des­halb enorm wichtig.

 

Wie ste­hen die Chan­cen in Dortmund?
Ball­wanz: Der VfL ist auf kei­nen Fall kras­ser Außen­sei­ter wie wir damals in Köln. Außer­dem hat er in Dort­mund fast immer gut aus­ge­se­hen. Die Chan­cen ste­hen 50:50.
Thi­am: Aus­wärts hat die Mann­schaft in die­ser Sai­son oft über­zeugt und dar­über hin­aus die Dort­mun­der schon mehr­mals in deren Sta­di­on über­rascht. „Bal­li“ hat
Recht: Die Chan­cen ste­hen 50:50.
Ball­wanz: Hof­fent­lich hat der VfL in einem Halb­fi­na­le auch mal wie­der Glück. 1999 zum Bei­spiel ver­schoss Det­lev Dam­mei­er kurz vor Schluss einen Elf­me­ter gegen Bremen
und die bes­se­re Mann­schaft muss­te ihren Ber­lin-Traum begraben.

 

Sind die Fans schon heiß aufs Halbfinale?
Ball­wanz: Und wie, alle freu­en sich auf das Spiel und die Fas­zi­na­ti­on DFB-Pokal! Ich rech­ne mit 3000 bis 4000 Fans, die die Mann­schaft auch unter der Woche nach
Dort­mund beglei­ten werden.
Das Inter­view führ­te Marc Rotermund.

 

INFO

Hol­ger Ball­wanz (46) spiel­te von 1992 bis 2000 für den VfL Wolfs­burg in der ers­ten und zwei­ten Liga. Wei­te­re Sta­tio­nen waren unter ande­rem Ham­bur­ger SV,Hannover 96 und
VfB Lübeck. Heu­te ist er Fan­be­auf­trag­ter des VfL Wolfsburg.
Pablo Thi­am (40) spiel­te von 2002 bis 2008 für den VfL Wolfs­burg in der ers­ten Liga. Wei­te­re Sta­tio­nen waren unter ande­rem 1.FC Köln, VfB Stuttgart
und Bay­ern Mün­chen. Heu­te ist er sport­li­cher Lei­ter des Regio­nal­li­gis­ten VfL Wolfs­burg II.