Am 30. September war Pablo Thiam zu Gast beim Bayerischen Rundfunk. Die Sendung "Blickpunkt Sport" stand unter der Überschrift "Unser Rahmen ist Fußball – egal woher Du kommst." Ein Mitschnitt ist aktuell in der Mediathek des BR verfügbar. Hier die wichtigsten Passagen als Textfassung.
Jetzt sind Sie mittlerweile Leiter des Nachwuchsleistungszentrums in Wolfsburg. Da treffen auch viele Kulturen aufeinander. Wie wichtig ist es für die jungen Spieler, dass sie solche Vorbilder wie Pablo Thiam haben, über den ein Deutschlehrer sagen kann: "Hier ist er bei uns aufs Gymnasium gegangen, hat Deutsch Abi gemacht und tolle Gedichte rezitiert."
Das ist sehr wichtig. Gerade, weil alle natürlich – aufgrund der Summen, die im Fußball kursieren – davon träumen, Fußballprofis zu werden. Es ist schwer denen klar zu machen, dass nur die wenigsten den Sprung schaffen und dass eine vernünftige Bildung sehr wichtig ist. Es ist eine Herausforderung, wenn man mit Jugendlichen zu tun hat, dafür zu sorgen, dass sie ernsthaft zweigleisig fahren. Die meisten von ihnen gehen zur Schule, weil es eine Pflicht ist, aber wenn sie es könnten, würden sie es lassen. Daran muss man als Verein arbeiten. Es muss klare Regeln geben und überprüft werden, ob alles glatt läuft. Man muss sich intensiv mit dem Thema Schule befassen und mit den Lehrern kommunizieren. Das ist eigentlich der Hauptteil der Arbeit neben dem Training auf dem Platz.
Was kann man im Nachwuchsleistungszentrum dafür tun, dass die Jugendlichen alle wieder heiß darauf sind, den Adler auf der Brust zu tragen, sofern sie für die U-Nationalmannschaft spielen?
Das ist eine gute Frage. Generell machen wir keine Unterschiede in Wolfsburg. Wir nehmen das Thema der Integration ernst und wissen, dass es eine Herausforderung ist. Ich speziell achte sehr genau darauf, ob man einen jungen Deutschen aus geregelten Verhältnissen verpflichtet oder einen Jungen aus dem Brennpunkt holt. Unsere Aufgabe ist daher, ihnen zu erklären, dass der Fußball unser Rahmen ist – egal woher sie kommen. Hier gibt es klare Regeln. An diesen Regeln werden alle gemessen, egal ob man Deutscher, Farbiger oder Ausländer ist. Wer nicht funktioniert, hat dann bei uns nichts mehr zu suchen. Das ist zwar hart, aber ich glaube, das ist das, was unserer Gesellschaft fehlt. Es muss ein Rahmen definiert werden, in dem sich alle bewegen. Unser Motto ist immer, andere so zu behandeln, wie man auch selber behandelt werden möchte. Das ist ein Satz, an dem sich viele orientieren können und an dem sich auch viele festhalten.
Was machen Sie denn konkret, wenn jemand verpflichtet wurde sich zu integrieren, man dann aber merkt, dass Gruppenbildung entsteht und einem dann doch gesagt wird, dass man lieber unter Landsleuten spielen möchte?
Grüppchen-Bildung gibt es immer. Sei es, weil sie dieselbe Klamottenmarke haben oder dieselbe Musik hören. Man darf auch nicht versuchen, die Jungs komplett zu verändern. Aber man muss ihnen Stück für Stück die Werte mitgeben, die wir privat, im Verein und generell in Deutschland leben. Zudem müssen wir, wenn einer mal ausschert, ihn zur Seite holen und erklären, wie wir das sehen, ihm aber auch die Möglichkeit geben, sich dazu zu äußern.