Herr Thiam, 2001 wechselten Sie vom VfB Stuttgart zum FC Bayern, der damals amtierender Champions-League-Sieger war. Wie schwer war es für Sie, in diesem Team Fuß zu fassen?
Pablo Thiam: Im Nachhinein war es die wohl schwierigste Aufgabe, die man vorfinden konnte – wenn eine Mannschaft einen solch wichtigen Titel gewonnen hat. Es ist immer schwierig eine Top-Leistung zu bestätigen.
Sie haben es dennoch versucht.
Thiam:Für mich ging es um den Versuch, mich bei einem Spitzenverein durchzusetzen. Nach meiner Zeit bei Stuttgart hatte ich die Möglichkeit zu Dortmund zu wechseln oder ins Ausland, aber ich wollte es beim großen FC Bayern probieren, bei einem der größten Vereine Europas.
Nach eineinhalb Jahren resultierten 16 Ligaspiele. Haben Sie den Schritt jemals bereut?
Thiam: Ganz und gar nicht. Ich bin auch in den anderen Wettbewerben zum Einsatz gekommen und konnte mich dort weiterentwickeln. Zum damaligen Zeitpunkt haben mich aber auch immer wieder Verletzungen zurück geworfen. Es kommt darauf an, was für ein Typ man ist. Ich versuche stets das Positive zu sehen und habe auch in München sehr positive Erfahrungen gesammelt. Mir war klar, egal wie es läuft, ich werde immer einen guten Anschluss finden.
Ihr Anschluss heißt seit Januar 2003 VfL Wolfsburg.
Thiam: Ich bin damals gewechselt, weil mich dieser Verein am meisten überzeugt hatte. Kurz vor meinem Wechsel wurde zum Beispiel das neue Stadion eingeweiht. Der Verein war in der Entwicklung und ich in Wolfsburg sehr willkommen, wie damals in Stuttgart.
Waren Sie das in München nicht?
Thiam: Doch ich habe mich in München auch sehr wohl gefühlt, aber ich war im besten Fußballeralter und wollte wieder mehr Einsätze. Beim VfL habe ich sofort ein familiäres Umfeld vorgefunden, was für mich auch sehr wichtig ist. Meine mittlerweile zwölfjährige Tätigkeit beim VfL zeigt, wie wohl ich mich fühle.
Nun kommt es am Dienstag zum Top-Spiel zwischen Ihren Ex-Klubs. Wie betrachten Sie das Duell?
Thiam: Der VfL hat mit diesem guten Saisonstart gezeigt, dass die Mannschaft auf dem richtigen Weg ist. Klar, der FC Bayern ist immer das Nonplusultra – und deshalb ist es auch für uns eines der interessantesten Spiele der Saison. Trotzdem muss man sagen, es geht nur um drei Punkte. Die Mannschaft kann jetzt beweisen, wo sie jetzt steht.
Geht es wirklich nicht um mehr?
Thiam:Es stehen schwere Spiele auf dem Programm – mit der Champions League, den Englischen Wochen. Dieses Spitzenspiel wird nicht saisonentscheidend sein. Dafür ist die Saison noch zu lange. Der VfL weiß allerdings, wie man die Bayern schlagen können. Es kommt auf die Tagesform an.
Gewinnt Bayern München die geschichtsträchtige vierte Meisterschaft in Folge?
Thiam: Ich glaube, auch aufgrund der Qualität von Dortmund, dass diese Saison nicht so früh entschieden sein wird, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Ich persönliche freue mich auf die Duelle zwischen den drei Top-Teams Wolfsburg, Bayern und Dortmund.
Wie wichtig ist das Liga-Duell zwischen dem FCB und dem VfL in Hinblick auf den DFB-Pokal?
Thiam: Das wird sich zeigen.
Inwiefern?
Thiam: Der VfL hat die letzten beiden wichtigen Spiele gewonnen. Der Respekt voreinander ist vorhanden. Und der Verlierer des morgigen Spiels wird sicherlich im DFB-Pokal auf Wiedergutmachung aus sein. Das macht diese Partie zusätzlich interessant.
Wenn Sie auf Ihre aktive Karriere zurückblicken, was blieb Ihnen besonders in Erinnerung?
Thiam: Meine erste Begegnung mit Krasimir Balakov im Köln-Trikot. Das war ein Spiel zum Vergessen. Er erlebte seine beste Phase. Umso schöner war es für mich, dass ich später bei Stuttgart mit ihm zusammenspielen konnte. Somit habe ich nie gegen einen Profi zweimal schlecht ausgesehen (lacht).
Sie sprechen den VfB Stuttgart an. Verfolgen Sie die Schwaben noch immer?
Thiam: Ja klar. Ich verfolge natürlich alle Vereine, für die ich gespielt habe. Für den VfB ist es ein Teufelskreis. Sie treffen das Tor nicht – und müssen dennoch irgendwie in die Erfolgsspur zurückfinden. In der Bundesliga bekommt man nichts geschenkt. Wenn Stuttgart strauchelt ist das für alle anderen Mannschaften die Chance, zu punkten. Man muss auch in solchen Situationen versuchen positiv denken, um diesen Kreis zu durchbrechen.
Das heißt, weiter an der Philosophie festhalten?
Thiam: Dass der Trainer Alexander Zorniger festhält, ist legitim. Er wird daran gemessen, ob der Erfolg sich einstellt. Er muss die Spieler von sich und seiner Idee überzeugen. Wenn das der Fall ist, kann es gelingen.
Zurück zu Ihnen. Aktuell sind Sie Leiter der U23 in Wolfsburg – und Ihr Ziel ist es, Manager in der Bundesliga zu werden?
Thiam:Als Junger in dieser Branche habe ich in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt und mich weitergebildet. Dieser Job darf keinesfalls unterschätzt werden, vor allem nicht in der Bundesliga oder der 2. Liga. Über meine aktuelle Rolle bin ich sehr glücklich, es sind noch viele spannende Projekte mit dem VfL in den nächsten Monaten und Jahren geplant.
Sie scheinen stolz auf Ihren Weg zu sein.
Thiam: Wie gesagt, ich bin mit allem sehr zufrieden. Wäre ich damals nicht zu Bayern gegangen, hätte ich vielleicht 50 Ligaspiele mehr auf dem Konto, aber niemals diese Erfahrung gesammelt und mit diesen Menschen zusammen gearbeitet. Alles hatte seinen Sinn und Zweck. Ich freue mich über meinen Weg und die kommenden Aufgaben.